Die Zukunft von rostfreiem Stahl

Finden Sie heraus, wie Design-Studenten ein traditionelles Material neu interpretieren. 

Victorinox und ECAL entwickeln das Material der I.N.O.X. Uhr weiter

Welche innovativen Möglichkeiten gibt es für rostfreien Stahl in der Uhrenindustrie? Wir haben Nachwuchsdesigner gebeten, dieses Material für uns neu zu interpretieren.  Wir freuen uns, dass wir mit einer der berühmtesten Designschulen der Welt zusammenarbeiten konnten: der renommierten École Cantonale d'Art de Lausanne, kurz ECAL. Studierende aus aller Welt haben Wissen aus Disziplinen wie Chirurgie, Nanotechnologie oder Biomimetik auf die Welt der Uhren angewandt.

Eine Geschichte über Tradition und Innovation

Im Laufe der Jahre haben wir viel Erfahrung in der Verarbeitung von rostfreiem Stahl gewonnen. Vor etwa 100 Jahren waren wir der erste Messerproduzent weltweit, der dieses Material einsetzte. Diese Innovation markierte einen solchen Wendepunkt in der Qualität unserer Produkte, dass wir 1921 die Bezeichnung “inox” für rostfreien Stahl in unseren Markennamen aufnahmen.

Seitdem zählt rostfreier Stahl zu den wichtigsten Materialien bei Victorinox.  Dieses Fachwissen hat uns auch die Türen in die Uhrenwelt geöffnet. Dank all unserer Produktionserfahrung war es ein natürlicher Prozess, mit der Produktion von Uhren zu beginnen.  Und so wurde die legendäre I.N.O.X. geboren: Sie ist eine Hommage an ein Material, dessen Genialität uns immer noch begeistert.

Entdecken Sie die faszinierenden Möglichkeiten von rostfreiem Stahl.

Chromstahl – 1 Material, 11 Innovationen

Kaltgasspritzen – neu interpretiert von Maxime Augay, Frankreich
Mit einer Überschalldüse wird Metallpulver auf Oberflächen wie Metall, Keramik oder sogar Kunststoff gepresst. Auf diese Weise entstehen innovative Materialkombinationen und damit eine bessere Qualität oder neue optische Effekte im Uhrendesign. Bild: Digitales Bild der Studentin
Sprengplattieren – neu interpretiert von Christian Hollweck, Deutschland Wenn zwei unterschiedliche Metalle wie Chromstahl und Titan durch Explosion miteinander kombiniert werden, entstehen Supermetalle. Der optische Effekt auf der Oberfläche solcher Explosionen ist für das Ohrendesign interessant. Bild: Digitales Rendering des Studenten (auf Basis des VI Originalbildes)
Sprengprägung – neu interpretiert von Christian Hollweck, Deutschland Durch den Druck, der sich bei einer Explosion aufbaut, kann in Nanodimensionen ein Hologramm auf eine Metalloberfläche aufgetragen werden. Die Bilder, die damit auf Uhren graviert werden können, sind extrem klein und detailreich. Bild: Bild des Studenten, Produktion von Bernhard Rieger
Steppen – neu interpretiert von Nicolas de Vismes, Frankreich Stepparbeiten in rostfreiem Stahl sind ein Handwerk, das in der Medizin verfeinert wurde. Chirurgen verwenden spezielle Feilen, um den Knochen so auszuhöhlen, dass in der Aussparung ein Implantat eingesetzt werden kann. Im Bereich Uhrendesign entstehen durch Nähte besondere Oberflächen mit einem kunsthandwerklichen Touch. Bild: Digitales Bild der Studentin
UV-Druck – neu interpretiert von Sara de Campos, Portugal Beim UV-Druck wird die Farbe nicht durch Verdampfung fixiert, sondern durch Licht. Der Druckvorgang ist dadurch besonders schnell, umweltfreundlich und präzise. Gerade die Präzision ist für das Uhrendesign sehr interessant: Sie ermöglicht feine Verläufe, Muster und klar definierte Bilder. Bild: Digitales Bild der Studentin
Wabenrohre – neu interpretiert von Hiroyuki Morita, Japan Wabenrohre haben ihren Ursprung in der Natur; sie sind besonders fest, gleichzeitig aber flexibel und leicht. In der Uhrenindustrie bieten Wabenrohre nicht nur funktionale Vorteile. Der geometrische Aufbau ist auch optisch attraktiv. Bild: Digitales Bild der Studentin
Walzplattierung – neu interpretiert von Adrien Cugulière, Frankreich Lagen aus verschiedenen Metallen, z. B. Aluminium und Stahl werden durch ein Rollen gepresst, um die Lagen miteinander zu verbinden. Die obere Lage wird gestanzt und gefräst und gibt dadurch den Blick auf die darunter liegenden Lagen frei; so entstehen ganz neue funktionale und ornamentale Eigenschaften. Bild: Digitales Bild der Studentin
Brennflächen – neu interpretiert von Sumegha Matri, Indien

Wenn Lichtstrahlen gebündelt und anschliessend durch ein reflektierendes Material gestreut werden, entstehen Brennflächen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Lichtreflektion in einem Swimmingpool. Wenn gemäss dem Prinzip der Brennflächen eine Gravur auf eine Uhrenoberfläche aufgetragen wird, offenbart sich ein nahezu magisches Ergebnis. Bild: Bild eines Studenten, Rayform SA

Rohrförmiges Laserschneiden – neu interpretiert von Yen-Hao Chu, Taiwan Ein Stent ist eine Metallstruktur, die in ein Blutgefäss eingesetzt und danach geöffnet wird, um eine verengte Arterie aufzuweiten und dadurch den Blutfluss zu verbessern. Wenn die rein funktionale Struktur des Stents als Designelement genutzt wird, entsteht eine innovative Optik und Haptik, was zum Beispiel für Uhrenarmbänder verwendet werden kann. Bild: Digitales Bild der Studentin
Inox-Stickerei – neu interpretiert von Aleksandra Szewc, Polen Wenn Sticktechniken mit Gewindetechniken kombiniert werden, verstärken sich die Qualitäten von Stahlgewinden: Sie sind wasserfest, korrosionsbeständig und langlebig, gleichzeitig aber weich und flexibel. So eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für verschiedene Anwendungen in der Uhrenherstellung. Bild: Digitales Bild der Studentin
Mikrostanzen – neu interpretiert von Sara Regal, Spanien Die Mikrofertigung ermöglicht ganz neue Arbeitsmethoden mit Chromstahl. Beispielsweise können beim Mikrostanzen Metallbleche gelocht und gebogen werden; auf Uhrenarmbändern können dadurch neue Muster aufgebracht werden. Zudem sind neue funktionale Formen möglich, die Stabilität und gleichzeitig Flexibilität bieten. Bild: IMP (Industrial Machine Products)

Das Forschungs- und Innovationsprojekt wurde von Alexis Georgacopoulos, Leiter der ECAL, und Thilo Alex Brunner, Leiter des Master-Studiengangs für Produktdesign an der ECAL geleitet. Unter ihrer Initiative begleitete ECAL Professor Alexander Taylor Studenten aus aller Welt durch ein dreimonatiges Projekt, in dem neue Einsatzmöglichkeiten für rostfreien Stahl entwickelt wurden.

Welche Zukunft hat Chromstahl in der Uhrenindustrie, Alexander Taylor?

Warum legten Sie bei diesem Projekt den Schwerpunkt auf das Material und nicht auf das Design?
Angehende Designerinnen und Designer brauchen Fähigkeiten, die ihnen eine vielseitige Arbeitsweise ermöglichen. Sich nur auf das "fertige Objekt" zu konzentrieren, reicht heute nicht mehr.  Der Charakter des fertigen Produktes und die Chance, etwas Neues zu schaffen, das ästhetisch und funktional ist, entstehen durch die Kooperation mit Herstellern und durch die Fähigkeit des Designers, Technologien auf ein bestimmtes Bedürfnis zuzuschneiden. In diesem Prozess ergeben sich automatisch neue Möglichkeiten, die von der ursprünglichen Idee abweichen. Da wir uns nicht auf ein bestimmtes Uhrendesign festgelegt haben, konnten wir uns darauf einlassen, dass der Prozess das Ergebnis formt und beeinflusst.

Warum ist Chromstahl so ein interessantes Arbeitsmaterial?
Chromstahl besitzt eine ästhetische, funktionale und industrielle Qualität. Es ist einerseits Hightech, aber andererseits so vertraut! Es ist ein Material, das die Sinne stimulieren kann und mit bahnbrechenden Produkten, Strukturen und Errungenschaften assoziiert wird. Mit diesem Projekt haben wir gezeigt, dass man ein bekanntes Material verwenden und dennoch zu absolut neuen Herstellungs- oder Verarbeitungsprozessen finden kann. 

Wird rostfreier Stahl auch in Zukunft noch eine so grosse Rolle in der Produktion spielen?
Chromstahl ist ein Material, das wir noch lange verwenden. Genau wie alle anderen Materialien entwickelt es sich kontinuierlich weiter, da es immer neue Verarbeitungsmethoden und Anwendungsformen gibt. Es wird an viele neue Einsatzbereiche angepasst und technisch weiter ausgeführt. Als Kernmaterial bringt es aber eine Qualität mit, die heute noch mehr als je zuvor dem Konsumenten zugutekommt und den geltenden Qualitätsansprüchen entspricht.
 
Die Welt wird zunehmend digitaler. Haben deine Studenten Interesse daran, mit einem so robusten und traditionellen Material wie Chromstahl zu arbeiten? 
Wir sind Industriedesigner, die gerne mit physischen Objekten und physischen Materialien arbeiten. In diesem digitalen Zeitalter und auch in Zukunft wird es interessant sein, zu sehen, inwiefern das physische Objekt emotional behaftet ist, wie es die Sinne stimuliert und welchen inhärenten Wert und welche Qualität es hat. Eine Verbindung aus natürlichen Materialien und Handwerkskunst ist ein echter Gegenpol zur digitalen Welt. 
 
Bei Victorinox feilen viele Handwerker an Details und an der Verbesserung der Qualität unserer Produkte. Gleichzeitig verfügen wir über hochmoderne Maschinen, die unsere Produkte fertigen. Handwerkskunst oder digitale Welt – welche Fähigkeiten braucht ein Designer heute?
Bei einer Uhr, die vor allem eine Beziehung zum Menschen knüpfen soll, hat der Designer die Möglichkeit, ein Produkt zu schaffen, bei dem es nicht nur um die reine Funktion, sondern auch um den emotionalen Aspekt geht. Der Designer hat die Verantwortung, nach neuen Wegen und Kooperationen zu suchen, um innovativ sein zu können und die physischen Grenzen des Möglichen zu sprengen. Die Rollen von Handwerkern und Designern entwickeln sich immer weiter. Durch ihre Zusammenarbeit und topmoderne Technologien haben sie die Chance, spannende und wegweisende Ergebnisse zu erzielen.

Über Alex Taylor, vielfach prämierter britischer Designer und Professor an der ECAL

Alexander ist Produktdesigner. Er arbeitet für Kunden wie Zanotta, Established & Sons, ClassiCon und adidas. Er wurde ausgezeichnet als „Designer of the Future“. Seine Lampe „Fold“ ist Bestandteil der Dauerausstellung im MOMA in New York. Seine Arbeit basiert auf einer transdisiziplinären Herangehensweise; er arbeitet mit einigen der besten Handwerker und Industriemechaniker weltweit zusammen.
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